Aus kykladischem Marmor hergestellt und mit leichten Farbspuren bemalt sind die so genannten Figuren der Kykladen das repräsentative Merkmal der prähistorischen Hochkultur der kykladischen Inseln, die sich im Süden des ägäischen Meers und in einem Kreis um die Insel Delos befinden.
Die kykladischen Figuren sind in der Fachsprache als kykladische Idole bekannt und werden durch ihre abstrakte und gleichzeitig leicht erkennbare Form bezeichnet. Diese galten als Grabbeigaben in antiken Friedhöfen, die ins Frükykladikum datiert werden. Sie hatten den Höhepunkt Ihrer Produktion ca. um 2800 v. Chr. (zweite Epoche des Frühkykladikums) erreicht. Vermutlich besaßen sie einen Kultfunktion und begleiteten die Grabsitte des Begräbnisses bedeutender und gut situierter Mitglieder in der Gesellschaft der frühen antiken kykladischen Siedlungen. Allerdings bleiben die sozialen Strukturen dieser Siedlungen uns bis heute unbekannt.
Die ergrabenen kykladischen Idole lassen sich mit dem täglichen Lebensgefühl der damaligen Bewohner der kykladischen Inseln verbinden. Sie präsentieren Szenen des Alltagslebens oder des festlichen Lebens. Beispielsweise sind die Marmoridole des trinkenden Mannes und des Aulosspielers zu erwähnen.
Der Einfluß der Figuren der Kykladen auf die moderne europäische Kunst Anfangs des 20. Jahrhundertes ist sehr groß. Anfänglich von den Fachmenschen der archäologischen Disziplin sehr niedrig geschätzt, fanden Sie schnell einen gebührenden Platz für die Inspiration bedeutender moderner Künstler jener Zeit, die sich mit diesen umfassend beschäftigt haben und sie als wichtige Quelle Ihrer Kreativität genutzt haben. Das Vorstellungsvermögen eines sehr alten Volkes vor tausenden Jahren konnte den wichtigsten Künstler im Vormarsch einer berühmten Künstlerrevolution etwas ganz Neues zeigen und ihnen eine vorher unbekannte Abstraktion lehren. Große Künstler wie Picasso begeisterten sich für die Form und abstrahierte Gestaltung der kykladischen Idole.
Heutzutage werden die Figuren der Kykladen in allen archäologischen griechischen Museen als sehenswürdige Exponante ausgestellt und gehören zum Bestand permanenter Ausstellungen. Die wichtigsten Sammlungen solcher archäologischen Funde befinden sich im „Goulandri“ Museum der kykladischen Kunst in Athen, im nationalen archäologischen Museum Athen, in allen archäologischen Museen auf den Kykladen sowie im archäologischen Museum Heraklion auf Kreta.